Wildbienenfreundliche Grünflächen im Siedlungsraum
Der Siedlungsraum kann zahlreichen Wildbienenarten einen Lebensraum bieten – darunter auch seltenen und gefährdeten Arten. Bedingung dafür ist, dass die Bienen auf blüten- und strukturreichen Grünflächen ausreichend Nahrung und geeignete Nistplätze finden. Ein Lebensraum-Netzwerk aus unterschiedlichen Grünflächentypen bildet die Lebensgrundlage für Wildbienen im Siedlungsraum.
1. Naturnahe Grünflächenpflege
Für die Wildbienenförderung im Siedlungsraum ist es von zentraler Bedeutung, dass möglichst viele Grünflächen bienenfreundlich gestaltet und gepflegt werden. Oft lässt sich die Qualität der Grünflächen durch einfache Aufwertungsmassnahmen oder Anpassungen im Unterhalt verbessern.
Der Mehr als Grün – Profilkatalog naturnahe Pflege behandelt ausführlich die Herangehensweise zur naturnahen Pflege der häufigsten Grünflächentypen im Siedlungsraum. Eine Kurzfassung aller Pflegeprofile findet sich im Mehr als Grün – Praxishandbuch naturnahe Pflege.
Im Folgenden werden die wichtigsten blütenreichen Grünflächentypen für Wildbienen im Siedlungsraum vorgestellt. Dabei ist wichtig zu beachten, dass die Blühflächen ihr volles Potenzial immer erst dann ausschöpfen, wenn in möglichst direkter Nachbarschaft (Maximaldistanz 100-300 m) auch Niststrukturen für Wildbienen vorhanden sind.
2. Blumenwiesen
Aufgrund ihres üppigen Nahrungsangebots zählen Blumenwiesen zu den wichtigsten Nahrungsräumen für Wildbienen. Das Mehr als Grün – Pflegeprofil Blumenwiese liefert ausführliche Informationen zu Blumenwiesen und ihrer naturnahen Pflege.
Wichtige Aspekte für bienenfreundliche Blumenwiesen:
- Blumenwiesen heuen, damit die Wiesenblumen sich versamen und dadurch vermehren können.
- Schnittgut abführen, um eine Nährstoffanreicherung zu vermeiden.
- Abschnittsweise mähen, um ein möglichst langfristiges und kontinuierliches Blütenangebot bis im Sommer zu erreichen.
- Auf grösseren Blumenwiesen eine jährlich rotierende Teilfläche bereits Ende April mähen. Die Vegetation auf dieser Teilfläche wächst verzögert auf und kommt genau dann zur Blüte, wenn die meisten Blumen auf der Restfläche bereits verblüht sind.
- Im zunehmend warmen Herbst können die Gräser nochmals stark aufwachsen, was im nächsten Frühjahr die Aufwuchsbedingungen für Kräuter und Blumen verschlechtert. Die letzte Mahd sollte deshalb möglichst spät im Herbst erfolgen, damit die Vegetation tief in den Winter geht.
- Blumenwiesen mit Niststrukturen für Wildbienen (lückig bewachsene Bodenstellen, Totholz, Stängelstrukturen usw.) im Umkreis von maximal 100-300 Metern ergänzen.
3. Blumenrasen
Blumenrasen bieten mit ihren vielfältig blühenden Kräutern wertvolle Nahrung und oft auch Nistplätze für bodennistende Wildbienen. Das Mehr als Grün – Pflegeprofil Blumenrasen liefert ausführliche Informationen zu Blumenrasen und ihrer naturnahen Pflege.
Wichtige Aspekte für bienenfreundliche Blumenrasen:
- Weniger ist mehr – wenn der Rasen nur 4-6 x pro Jahr gemäht wird, kommen verschiedene Kräuter im Rasen über eine längere Zeit zur Blüte.
- Abschnittsweise mähen, damit vom Frühjahr bis im Herbst immer auf einer Teilfläche etwas blüht. Als Alternative oder Ergänzung stellenweise Blumeninseln stehenlassen.
- Magere, lückig bewachsene Rasenbereiche an sonniger Lage erhalten. Bodennistende Wildbienen (z.B. kleine Schmalbienen-Arten) finden dort einen Nistplatz.
- Allenfalls artenarme Bereiche mit einer geeigneten Samenmischung für Blumenrasen neu ansäen. Magere Standorte an sonniger Lage bieten am meisten Potenzial.
4. Ruderalvegetation
Ruderalflächen gehören zu den wertvollsten Lebensräumen für Wildbienen im Siedlungsraum. An trockenwarmen Ruderalstandorten blühen bis in die Sommermonate viele wertvolle Nahrungspflanzen. Zudem legen bodennistende Wildbienen ihre Nester gerne auf den lückig bewachsenenn Flächen an. Das Mehr als Grün – Pflegeprofil Ruderalvegetation liefert ausführliche Informationen zur Ruderalvegetation und ihrer naturnahen Pflege.
Wichtige Aspekte für bienenfreundliche Ruderalflächen:
- Auf neuen Ruderalflächen lohnt sich eine Ansaat mit einer standortgerechten Samenmischung, um eine grosse Pflanzenvielfalt zu erreichen.
- Mahd alle 1-2 Jahre im Herbst oder erst im kommenden Frühjahr. Das Schnittgut für die Versamung mehrere Tage auf der Fläche trocknen lassen und anschliessend abführen.
- Die Ruderalvegetation setzt sich vorwiegend aus Pionierpflanzen zusammen, welche offene Böden an gestörten Stellen besiedeln. Für den langfristigen Erhalt von Ruderalflächen muss die Vegetation auf rotierenden Teilbereichen alle 5 – 10 Jahre gestört werden – durch Abschürfen der obersten Bodenschicht, Überschütten mit zusätzlichem Substrat oder Auflockerung/Störung des Bodens.
- Ergänzung mit Niststrukturen für Wildbienen (v.a. Sandlinsen und Totholzstrukturen)
5. Dachbegrünungen
Flachdächer bieten grosses, oft ungenutztes Potenzial für die Wildbienenförderung und können mit einer blütenreichen Dachvegetation sowie Niststrukturen ausgestattet werden. Das Mehr als Grün – Pflegeprofil Dachbegrünung extensiv liefert ausführliche Informationen zu Dachbegrünungen und ihrer naturnahen Pflege.
Ein spannendes Positivbeispiel ist im Artikel zur Wildbienenförderung auf der Dachbegrünung des Schulhaus Looren beschrieben. Die Details zur Planung und Ausstattung dieses Gründachs sind in der Potenzialanalyse Biodiversitätsförderung auf Dächern dokumentiert.
Wichtige Aspekte für bienenfreundliche Dachbegrünungen:
- Nach Möglichkeit natürliche Substrate wie lokaler Unterboden oder Wandkies-(Gemische) verwenden. Im Gegensatz zu den oft verwendeten Lava-Bims-Substraten können sich in natürlichen Substraten auch bodennistende Wildbienen ansiedeln.
- Möglichst dick auftragen – unter Berücksichtigung der maximal zulässigen Auflast möglichst hohe Schichtdicken von 15-30 cm anstreben, was die Wasser- und Nährstoffverfügbarkeit für Pflanzen verbessert und eine artenreichere Vegetation ermöglicht.
- Nach Möglichkeit Teilbereiche mit unterschiedlichen Substraten und Schichtdicken gestalten und jeweils mit einer standortgerechten Mischung begrünen. Dies erhöht die Lebensraum- und Pflanzenvielfalt.
- Wo nur niedrige Schichtdicken möglich sind, können an tragfähigen Stellen (über Stützen oder Wänden) Vegetationshügel angelegt und mit wichtigen Nahrungspflanzen begrünt werden.
- An tragfähigen Stellen können auch Niststrukturen für Wildbienen angelegt werden, insbesondere Totholzstrukturen und Nisthügel aus lehmhaltigem Sand.
6. Wildhecken mit Krautsäumen
Blühende Gehölze gehören besonders im Frühjahr zu den wichtigsten Nahrungsquellen für Wildbienen. Das Mehr als Grün – Pflegeprofil Wildhecken liefert ausführliche Informationen zu Wildhecken und ihrer naturnahen Pflege.
Wichtige Aspekte für bienenfreundliche Wildhecken:
- Pflanzung und Förderung wichtiger Nahrungsgehölze für Wildbienen: Weiden, Schwarzdorn, Weissdorn, Wildrosen, Kreuzdorn, Faulbaum, Felsenbirne, Berberitze – als Überständer Süsskirsche, Vogelbeerbaum, Ahorne, Eichen, Wildapfel
- Zu einer Wildhecke gehört ein mindestens zwei Meter breiter Krautsaum. Artenarme Krautsäume können mit einer geeigneten Samenmischung für Saumvegetation neu angesät werden. Magere Standorte an sonniger Lage bieten am meisten Potenzial.
- Bei artenreichen, typisch ausgeprägten Krautsäumen reicht eine späte Mahd im Herbst alle 1-2 Jahre, je nach Wüchsigkeit des Standortes.
- Sonnige Heckenränder sind gut für die Anlage von Niststrukturen für Wildbienen (v.a. Totholzstrukturen) geeignet.
7. Staudenbepflanzungen
Artenreiche Staudenbepflanzungen sind aufgrund ihres kontinuierlichen Blütenangebots bis in den Sommer sehr wertvoll und können gezielt mit wichtigen Nahrungspflanzen für Wildbienen ausgestattet werden. Das Mehr als Grün – Pflegeprofil Staudenbepflanzungen liefert ausführliche Informationen zu Staudenbepflanzungen und ihrer naturnahen Pflege.
Wichtige Aspekte für bienenfreundliche Staudenbepflanzungen:
- Staudensortiment so wählen, dass vom Frühling bis im Herbst immer etwas blüht.
- Fokus auf einheimische Wildstauden aus Pflanzenfamilien und Pflanzengattungen, die für Wildbienen besonders wichtig sind: Schmetterlingsblütler, Korbblütler, Lippenblütler, Kreuzblütler, Doldenblütler, Glockenblumen
- Wenn lokale Wildbienenvorkommen bekannt sind, können ihre wichtigsten Nahrungspflanzen in das Staudensortiment integriert werden – der Bee-Finder liefert standortangepasste Pflanzempfehlungen.
- Staudenbepflanzungen mit Niststrukturen für Wildbienen (lückig bewachsene Bodenstellen, Totholz, Stängelstrukturen usw.) im Umkreis von maximal 100-300 Metern kombinieren.