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Bienen und Kulturpflanzenbestäubung

Bienen sind unsere wichtigsten Bestäuber und erbringen essenzielle Leistungen für die Landwirtschaft. Viele Kulturpflanzen sind entweder vollständig auf Insektenbestäubung angewiesen oder der Ertrag und die Qualität ihrer Früchte und Samen wird im Vergleich zur Selbstbestäubung deutlich erhöht.

Erdhummel bei der Bestäubung von Apfelblüten (Bild: pixabay, neelam279)

1. Wert der Bestäubungsleistung

Der ökonomische Wert der hauptsächlich von Wild- und Honigbienen erbrachten Bestäubungsleistungen wird für die Schweizer Landwirtschaft auf 341 Millionen Franken pro Jahr geschätzt 1. Dabei handelt es sich nur um den direkten Produktionswert der Landwirtschaftskulturen. Der unersetzbare Beitrag zum Erhalt gesunder Ökosysteme durch die Bestäubung von Wildpflanzen ist nicht eingerechnet.

Im Kanton Zürich machen bestäubungsabhängige Kulturen mit 4359 ha einen grossen Teil der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus 2. Die wichtigsten bestäubungsabhängigen Kulturen in der Schweiz sind 1 :

  • Ackerbaukulturen (Raps, Sonnenblume, Ackerbohne, Soja)
  • Kernobst (Äpfel und Birnen)
  • Steinobst (Kirschen, Zwetschgen/Pflaumen, Aprikosen)
  • Beeren (Erdbeere, Himbeere, Heidelbeere usw.)
  • Gemüse (Tomaten, Gurken, Kürbis usw.)
  • Saatgutproduktion für Futterbau (Klee, Luzerne usw.)
Hummel bei der Bestäubung von Rapsblüten (Bild: pixabay, nautilus64)

2. Wildbienen gewährleisten Bestäubungssicherheit

Lange Zeit ging man davon aus, dass etwa 80% der Bestäubung von Nutzpflanzen auf das Konto der Honigbiene geht. Laut neueren Studien wurde dabei die Leistung der Wildbienen und anderer Wildbestäuber drastisch unterschätzt 3 , 4. Wildbestäuber tragen mindestens genauso viel zur Bestäubung bei und das Potenzial für Bestäubung durch Wildbienen ist bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Je vielfältiger die Bestäubergesellschaften sind, desto höher ist die Stabilität, Quantität und Qualität der Bestäubung und damit normalerweise die Frucht- und Samenproduktion 5. Die Leistungen der Honig- und Wildbienen ergänzen sich, die Honigbiene kann aber die Wildbestäuber niemals vollständig ersetzen.

Die folgenden Aspekte sollen veranschaulichen, wieso die Wildbienen eine derart wichtige Rolle für die Bestäubungssicherheit spielen:

Wildbienen sind besonders effektive Bestäuber
  • Wildbienen sind für viele Kulturen deutlich effektivere Bestäuber als Honigbienen. Beispielsweise reichen für die Bestäubung einer 1 ha grossen Apfelplantage mit 2’000 Bäumen etwa 500 Weibchen der Gehörnten Mauerbiene aus, wohingegen für eine ähnliche Leistung mehrere 10’000 Honigbienen nötig sind 6. Neben Obst erweisen sich Wildbienen auch bei anderen wichtigen Kulturen wie Raps als die effektiveren Pollenüberträger 7.
  • Honigbienen konzentrieren sich während eines Sammelfluges immer nur auf ein Blütenprodukt – entweder Nektar oder Pollen. Wenn sie Nektar sammeln, vermeiden sie gezielt den Kontakt mit dem Pollen und den Fortpflanzungsorganen der Blüte, wodurch sie beim Nektarsammeln kaum zur Bestäubung beitragen 8. Trotz hoher Honigbienenaktivität an einer Kultur kann deshalb die effektive Bestäubungsleistung sehr niedrig sein. Wildbienen sammeln hingegen bei ihren Blütenbesuchen in aller Regel Pollen und Nektar gleichzeitig. Dadurch tragen Wildbienen zum Beispiel mehr zur tatsächlichen Bestäubung von Kirschblüten bei, auch wenn die Blüten viel häufiger von Honigbienen besucht werden 9.
  • Wenn Wildbienen an der Bestäubung beteiligt sind, fällt der Fruchtansatz deutlich höher aus. Das trifft selbst dann zu, wenn Honigbienen in grosser Anzahl vorhanden sind 3. Darüber hinaus wurde für verschiedene Obstkulturen oder auch Erdbeeren gezeigt, dass sich mit guter Bestäubung nicht nur der Fruchtansatz, sondern auch die Qualität der Früchte verbessert 10 , 11.
Manche Wildbestäuber sind unersetzbar
  • Manche Wildbienenarten sind auch bei kühlen Temperaturen, starkem Wind und sogar leichtem Regen aktiv, wenn die Honigbienen nicht mehr ausfliegen. Im Frühjahr garantieren Hummeln zusammen mit verschiedenen Mauer- und Sandbienenarten die Bestäubung während Schlechtwetterperioden.
  • Manche Kulturen werden fast ausschliesslich von Wildbienen bestäubt: Tomatenblüten werden nur von Hummeln und einigen anderen Wildbienenarten effektiv bestäubt, welche die spezielle  Technik des „Vibrationssammelns“ beherrschen. Verschiedene Futterleguminosen wie der Rot-Klee mit seinen langen Blütenkelchen und tief verborgenem Nektar werden hauptsächlich von Wildbienen mit einer langen Zunge bestäubt. Auch die Bestäubung der Saat-Luzerne wird im Wesentlichen von Wildbienen gewährleistet – Honigbienen besuchen die Blüten zwar häufig, sammeln aber nur Nektar und umgehen den Bestäubungsmechanismus.

Ackerhummel bei der Bestäubung von Rotklee (Bild: pixabay, Ihtar)

Wildbienenvielfalt bringt Bestäubungssicherheit
  • Die Wildbienenarten unterscheiden sich in ihrer Aktivitätszeit, Wetterfestigkeit, Grösse, Sammelbehaarung und Sammeltechnik. Je mehr verschiedene Arten an der Bestäubung beteiligt sind, desto besser ist das Resultat. Zudem erhöht die gleichzeitige Anwesenheit verschiedener Arten die Aktivität der Bestäuber während des Blütenbesuchs und dadurch den Kontakt mit dem Pollen und den Fortpflanzungsorganen der Blüten 12 , 13.
  • Es wäre äusserst riskant, zur Sicherung der Bestäubung ausschliesslich auf die Honigbiene zu setzen. Die Problematik der Varroa-Milbe bei der Honigbiene hat gezeigt, dass die Bestände einer Art durch unvorhergesehene Beeinträchtigungen stark schwanken und im schlimmsten Fall zusammenbrechen können. Eine grosse Vielfalt von Wildbestäubern sichert in solchen Fällen die Bestäubungsleistung.

 

All diese Beispiele zeigen: Wildbienen tragen deutlich mehr zur Bestäubung bei als gemeinhin angenommen, bestäuben oftmals deutlich effektiver als Honigbienen und sind für manche Kulturen als Pollenüberträger unersetzbar. Grundsätzlich sind Wildbienen zusammen mit anderen Wildbestäubern in der Lage, einen Grossteil der Kulturpflanzenbestäubung zu gewährleisten.

Wildbienen können ihre wertvolle Bestäubungsleistung allerdings nur dort erbringen, wo sie genügend Lebensraum vorfinden. Im intensiv genutzten Landwirtschaftsgebiet sind diese Lebensgrundlagen heute sehr knapp geworden. Den Wildbestäubern mangelt es an Niststrukturen sowie an Nahrung vor und nach der Blüte der Kulturen. Sowohl die Artenvielfalt als auch die Populationsgrössen der Wildbienen sind vielerorts stark verarmt. Aufgrund dieser Umstände nimmt die Abhängigkeit von der Honigbiene zu, weil diese auch mit weniger günstigen Bedingungen zurechtkommt und notfalls gefüttert wird.

Das Ziel für die langfristige Sicherung der Bestäubungsleistung sollte sein, mit ausreichend naturnahen Flächen eine arten- und individuenreiche Wildbienengemeinschaft zu erhalten. Wenn die Lebensräume für Wildbestäuber vorhanden sind, gewährleisten diese einen grossen Teil der Bestäubung und werden von gesunden Honigbienenbeständen optimal ergänzt.

Blühende Obstbäume in einer Streuobstwiese (Bild: Entomologie/Botanik, ETH Zürich / Fotograf: Albert Krebs)

3. Wildbienen fördern mit blüten- und strukturreichen Lebensräumen

Wildbienen können ihre wichtige Bestäubungsleistung nur erbringen, wenn sie auf dem Landwirtschaftsbetrieb gute Lebensbedingungen vorfinden. Damit verschiedene Wildbienenarten ein zu Hause finden und sich in ausreichender Zahl vermehren können, müssen im Grunde drei Aspekte erfüllt sein:

  • geeignete Orte zum Wohnen (Niststrukturen)
  • ausreichendes Blütenangebot als Nahrungsgrundlage auch vor und nach der Blüte der Kulturen
  • kurze Distanzen (100 bis 300 Meter) zwischen den bestäubungsabhängigen Kulturen und den Nist-/Nahrungsplätzen der Wildbienen – so können sie die blühenden Kulturen effizient anfliegen

In unserem Infopool finden Sie zahlreiche Vorschläge für die Wildbienenförderung im Landwirtschaftsgebiet.

Buntbrache im Kulturland, die sowohl Blüten als auch Nistplätze für Wildbienen bietet (Bild: Entomologie/Botanik, ETH Zürich / Fotograf: Albert Krebs)

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